Heute ist es soweit. Ich kehre nach Mordor zurück. Alle, die sich jetzt fragen warum Mordor in Österreich liegt, empfehle ich den Blogeintrag „Warum Mordor in Österreich liegt“ in der Kategorie „Wandern im Stubaital 2021.

Ich bin ein bisschen nervös als ich aus dem Auto steige. Die ungewöhnliche Stille der anderen deute ich so, dass auch sie von einer gewissen Anspannung erfasst sind. Der, dessen Namen nicht genannt werden darf, ist der Einzige, der nicht weiß was ihn erwartet. Auch die Mantra mäßige Wiederholung der Floskel „Wir wollen nicht zu viel verraten,“ scheint ihn nicht zu beunruhigen.

Dann geht es los. Wir gehen ein Stück am Fluss entlang. Die Spuren, des letzten Unwetters, die den Fluss deutlich über die Ufer haben treten lassen, sind unübersehbar. Vom Fluss aus geht es in den dichten Wald.

Sofort tauche ich wieder in die Bilder von Herr der Ringe ein. Frodo und die Gefährten verlassen die Kanus am Fluss und machen am Rand eines dichten Waldes eine Rast. Der Wald, in dem Boromir als einer der Gefährten einen qualvollen Tod sterben wird. Aber der Reihe nach.

Führt der Weg am Anfang noch über Treppen und Stiegen immer tiefer in den Wald, besteht das was sie in Österreich „Weg“ nennen, bald nur noch aus Wurzeln und Felsbrocken.

Gleichzeitig geht es steil bergauf. Die Steinbock Fraktion fliegt die Felsen hinauf. Da ich nach wie vor immer mal „IMA-Pausen,“ also „Ich muss Atmen“ Pausen, machen muss, bin ich relativ schnell allein. Allein in Mordor.

Die Parallelen zum Film sind unheimlich. Auch Boromir wurde von der Gruppe getrennt.

Die Wegebeschaffenheit wird immer anspruchsvoller. Jeder Schritt will gut geplant und mit höchster Aufmerksamkeit umgesetzt werden. Die Gefahr hier besteht somit nicht nur durch einen Ork Angriff, sondern auch durch schlichtes Abstürzen. Da ich fest entschlossen bin, den Orks meinen Kadaver nicht kampflos zu überlassen, versuche ich letzteres tunlichst zu vermeiden.

Dann ist plötzlich der krasse Teil des Aufstiegs geschafft. Es geht nur noch ertragbar bergauf und auch der Weg hat ein Einsehen. Ich treffe die Gefährten wieder, die sich wohl schon Sorgen um mich gemacht haben. Nachvollziehbar. Immerhin sind wir hier in Mordor.

Dann bringen wir noch einen kurzen Kletterpart über Eisenstiegen hinter uns. Dieser wird erforderlich, da vermutlich auch das letzte Unwetter die Brücke unpassierbar gemacht hat.

Und dann erreichen wir Bruchtal. Also zumindest erinnert mich die wunderschöne Hochebene stark an Herr der Ringe und das Reich der Elben. Hier ist es so schön, dass man die Strapazen des Aufstieges schnell vergisst. Ein malerischer Wasserfall rundet das Gesamtbild ab. Hier kann man es definitiv aushalten.

Wie bei Herr der Ringe endet hier aber die Reise nicht. Es geht weiter bergauf bis zum Gipfel des Schicksalberges.

Wie bei Herr der Ringe ist diese Aufgabe ja aber nur einzelnen übertragen. In Bezug auf unsere Wandergruppe sind das Mirco, Gisi und der Dritte. Ich bleibe bei den Elben, also sozusagen in Elrond‘s Haus.

Ob die drei Gefährten am Gipfel tatsächlich irgendeinen Ring in irgendeine Schlucht werfen, bleibt ungeklärt.

Auf dem Rückweg, also dem Abstieg, passt das Bild von Herr der Ringe dann plötzlich nicht mehr. Ein Rettungshubschrauber taucht auf.

Er fliegt so dicht an den Abhang, an dem ich gerade versuche nicht herunterzufallen, dass mir der aufgewirbelte Dreck in die Augen fliegt. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Ich fliehe wieder ein Stück bergauf.

Zugegebener Weise habe ich mir bei einer anstrengenden Wanderung schon mal vorgestellt, dass mich ein Hubschrauber rettet. Nachdem ich heute aber hautnah miterlebt habe, wie das Rettungsteam abgeseilt wird um einem älteren Mann, dem es wirklich nicht gut ging, zu retten, nehme ich Abstand von dieser Idee. Das war echt nicht lustig.

Ist „Herr der Ringe“ aber auch oft nicht. Trotzdem gibt es am Ende ein Happy End. Das wünsche ich dem älteren Herrn auch. Am Ende hat es also doch irgendwie etwas mit „Herr der Ringe“ und Mordor zu tun.