Nochmal kurz zu gestern: Ich verspreche bei dieser Tour gibt es ab jetzt nur noch Reiseberichte von Zielen, bei denen ich auch war.
Damit zu heute, bzw. zu gestern. Preisfrage: Wann (also zu welcher Uhrzeit) ist folgendes Foto entstanden?
Richtig. 0:30 Uhr heute. Die Sonne geht ab sofort nicht mehr unter. Annähernd der tiefste Stand, den die Sonne hier noch erreicht, ist auf dem Foto dokumentiert.
Dann später am Tage einige Fotos vom Einlaufen in Alta (Norwegen). Unser Ersatzhafen für Spitzbergen. Mindestens das einlaufen in den Fjord lohnt sich.
Nach unseren guten Erfahrungen mit dem Leihwagen auf Island ist unser Plan auch hier einen Leihwagen zu buchen. Laut Google gibt es in unmittelbarer Nähe zum Hafen vier verschiedene – und zu unserer Ankommenszeit geöffnete – Autoverleihfirmen. Als wir da ankommen, müssen wir feststellen, das alle vier geschlossen sind. Auf Island hat das ADAC Reisebüro meines Vertrauens jeweils das Auto gebucht. Das hat dort reibungslos (wie immer beim ADAC) geklappt. Merke: Besser auf den ADAC verlassen als auf Google!
Wir planen also um und nehmen den AIDA Shuttlebus ins Stadtzentrum. Dort angekommen besuchen wir die Nordkichtkathedrale. Die 50 Kronen, die hier als Eintritt verlangt werden, erhöhen meine Erwartungshaltung. Die Kirche und die Jesusstatur sind nett, erfüllen meine gestiegene Erwartungshaltung aber ehrlicherweise nicht. Der im Vorraum installierte Souvenir-Shop und das Café machen die Sache nicht besser. Ich vermute Jesus hätte das hier vermutlich nicht so toll gefunden (vergleiche Johannes 2,13–16)
Danach gehen wir zu Fuß zum Altamuseum. Der Weg dahin ist weiter als gedacht. So wird der Fußweg zur kleinen Wanderung. Die bis zu 7000 Jahre alten Felsmalereien unserer Vorfahren sind es aber definitiv wert, dafür ein bisschen zu gehen.
Trotzdem entscheiden wir uns auf dem Rückweg für den öffentlichen Bus. Die dadurch eingesparte Zeit nutzen wir um eine alte Tradition von Stefan und mir wieder aufleben zu lassen. Wir gehen in eine Kneipe, in der möglichst nur Einheimische sind und trinken dort ein einheimisches Bier und einen einheimischen Schnaps. 12 EUR für ein Bier und nicht weniger für einen Shot werden in Norwegen als Preis aufgerufen. „Alta Schwede in Norwegen!“
Durchsage um kurz vor 10 Uhr. Wir sind am Nordkap. Ich bin verwirrt. Da das Kap grundsätzlich auch das Ziel der heutigen Etappe ist, fragt man sich: „Warum ist er verwirrt?“ Ist er generell verwirrt und die Durchsage ändert da auch nichts. Das stimmt sicherlich auch manchmal. Diesmal gibt es aber eine andere Ursache!
Zwar ist der Besuch des Nordkaps grundsätzlich unser Tagesziel. Aber da sollten wir erst heute Abend (nach dem Einlaufen in den Hafen von Honningsväg und einer Busfahrt) sein.
Die Erklärung folgt vom Kapitän. Im Hafen liegen noch andere Kreuzfahrtschiffe und deshalb müssen wir warten. Sozusagen Stau auf dem Meer. Fast wie auf der A40. Deshalb halten wir jetzt seeseits am Nordkap.
Als zusätzliches Highlight wurden von der Brücke aus Wale gesichtet. Wir treiben jetzt also am Nordkap und machen Whale-watching vom Kreuzfahrtschiff aus. Und das Beste daran: Ich sehe tatsächlich einen großen Pottwal wie er zum Atmen an die Oberfläche kommt. Als er wieder abtaucht ist deutlich seine Fluke zu erkennen. Ein unerwartetes Highlight.
Der echte Wal war zu schnell für ein Foto.
Der Hafen von Honningsväg ist überschaubar. Ohne das Nordkap, welches man von hier aus anfahren kann, wäre hier vermutlich nichts los.
Dann fahren wir zum zweiten Mal zum Nordkap. Diesmal landseits.
Das Nordkap – also der nördlichste Punkt Europas-stimmt nur leider nicht. Dieser Punkt ist nämlich die Landzunge ein Stück weiter. Und auch da sind sich nicht alle einig, ob das stimmt.
Also das Nordkap-irgendein Punkt ganz schön nördlich….
Heute Hammerfest. Das Städtchen ist nett. Aber nachdem wir ja schon ein paar norwegische Hafen gesehen haben, begeistert Stefan und mich das hier nicht so wahnsinnig. Man könnte sagen: Hammerfest ist nicht so richtig „Hammer“.
Allerdings gibt es hier den legendären „Eisbärenclub“. AIDA beschreibt den Club so:
Die skurrile Vereinigung, die 1963 als „Royal and Ancient Polar Bear Society“ ins Leben gerufen wurde, hat sich der Bewahrung von Tradition und Brauchtum verpflichtet und unterhält in ihren Räumlichkeiten ein kleines heimatkundliches Museum. Einzige Voraussetzung für eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit ist – neben der einmaligen Zahlung eines nicht allzu üppigen Betrages – die persönliche Anwesenheit vor Ort beim Vereinseintritt. Als Gegenleistung erhalten Sie unter anderem eine Urkunde, den begehrten Anstecker mit dem Eisbärensymbol sowie freien Einlass ins Museum und jedes Jahr eine Einladung zur Jahreshauptversammlung. Mehr als 200.000 Mitglieder aus aller Welt gehören dem Eisbärenclub inzwischen an.
AIDA Hafeninfo Hammerfast
Das die Nummer hier schon eine Touri-Geschichte ist, ist mir klar. Das ist aber schon irgendwie cool. Deshalb werde ich Mitglied. Das Museum, welches ich jetzt hiermit unterstütze ist auch ganz cool.
Die Landkarte zeigt, woher die Mitglieder so kommen.
Ich bin also jetzt Mitglied im legendären Eisbärenclub und somit Mitglied in einer internationalen Gemeinschaft. Inwiefern das zukünftige Reisen z.B. in die USA erschwert bleibt abzuwarten. Dort muss man meiner Ansicht nach angeben, ob man Mitglied in internationalen Organisationen ist…
Wenn man eine Kreuzfahrt in Richtung Polarkreis unternimmt, kann man nicht von immerwährenden Sonnenschein und angenehmen sommerlichen Temperaturen ausgehen. Und so ist es auch nicht. Wir haben typisches Nordatlantik-Wetter, also oft wechselhaft mit Bewölkung und meistens gepaart mit extrem kalten Wind. Manchmal ist es (gerade an Seetagen) auch sehr nebelig, so dass man keine 10 Meter weit gucken kann. Ab und zu haben wir allerdings auch blauen Himmel und Sonne.
Bisher sind wir mit Ausnahme von 3 Tropfen auf Island, aber komplett von Regen verschont geblieben. Das ist ungewöhnlich für die Gegend hier. Zusammenfassend haben wir also überdurchschnittlich gutes Wetter.
Trotzdem nervt die tiefhängende Wolkendecke an manchen Tagen. So wie heute. Wir fahren in Tromsö mit der Seilbahn auf den Hausberg. Hier hat man laut Reiseführer eine malerische Aussicht auf die Stadt und das dahinterliegende Berg-Panorama. Heute beschränken die Wolken die Aussicht allerdings auf die Stadt. Auch gut, aber bei besseren Wetter sicherlich noch beeindruckender.
Wenn es einen Gipfel gibt, will Stefan darauf. Das ist scheinbar ein Grundgesetz (vergleiche „Reykjavik zum Dritten“ oder „Wunderschöne Aussichten oder sehr viel Gegend!“ im Bericht zum Roadtrip durch Deutschlands Osten). So ähnlich wie in Reykjavik gibt es auch hier einen noch höheren Gipfel. Dieser liegt komplett in den Wolken. Eine bessere Aussicht ist somit unwahrscheinlich.
Stefan geht es aber -so glaube ich- eher um die Competition. Nach meiner Erfahrung von Reykjavik erspare ich mir den sehr steilen Aufstieg und nutze die Zeit diesen Bericht zu schreiben. Hier noch ein Beweisfoto von Stefan vom Gipfel.
Das norwegische Wort „Bo“ bedeutet „Leben“ und das Wort „Dö“ „Sterben.“ Leben und Sterben. Ein komischer Name für eine Stadt, in dessen Hafen wir heute festmachen. Ob das auch das Motto für den heutigen Tag wird, wissen wir nicht als wir in den Bus steigen. Dieser fährt uns zu den Saltstraumen, der größte und schnellste Gezeitenstrom der Welt.
400 Millionen Kubikmeter Wasser zwängen sich im Laufe von 6 Stunden mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h durch die 3 Kilometer lange und nur 150 Meter breite Meerenge. Das Schauspiel wiederholt sich mit jeder Flut bzw. Ebbe in die eine oder andere Richtung. Wirklich beeindruckend.
Tide allgemein ist ein Quell für Leben und Tod zu gleich. Es gibt Pflanzen und Tiere z.B . im Wattenmeer, die auf Gezeiten angewiesen sind. Gleichzeitig gefährdet die ungeheure Kraft der Tide andere z.B. an der falschen Stelle brütende Vögel. Hier stimmt das Tagesmotto schon mal.
Auch die Umgebung zeugt von vielfältigen Leben in Norwegen. Fünf verschiedene Möwenarten und die größte Seeadler Population der Welt leben in Norwegen. Die Möwen sieht man oft und überall. Ein Seeadler zeigt sich zumindest uns nicht.
Als wir die Umgebung erkunden landen wir zufällig an einem Friedhof mit einer kleinen Friedhofskapelle. Leben und Sterben. Bodö halt.
Heute ist Seetag. Eine gute Gelegenheit mal einen Bericht über die gesammelten Kreuzfahrt Momente dieser Tour zu schreiben. Folgende zufällig miterlebte Momente sind tatsächlich so passiert.
1.) Beim warten an der Rezeption
Ich stehe in der Warteschlange vor der Rezeption um die letzten Details unseres Kabinenumzuges (vergleiche „Sturm, Demographie und warum man auf seine Eltern hören soll.“) zu besprechen. Von hintern nähert sich eine Frau. Anstelle sich aber hinter mir in die Warteschlange einzureihen stellt sie sich neben mich und beginnt mir unaufgefordert zu erzählen, warum sie mit der Rezeption sprechen müsste. Ihre Dusche läuft nämlich über und das geht so ja gar nicht. Nicht das mich das interessiert. Sie erwartet allerdings scheinbar auch keine Reaktion. Anstelle dessen wendet sie sich an die gerade hinter mir angekommenen Gäste und erzählt erneut und wieder unaufgefordert Ihre Geschichte. So geht das immer weiter, bis wirklich alle über die Dusche dieser Frau informiert sind. Als die wirklich nette Rezeption-Mitarbeiterin dann fragt wie sie Ihr denn helfen könnte, höre ich in meinem Kopf die versammelten wartenden Gäste im Chor rufen: „Ihre Dusche läuft über!“
2.) Live-Übertragung des Länderspiels Deutschland-Italien
Gemeinsames Fußball gucken in der Almhütte. Ich habe mir einen strategisch guten Platz, mit freier Sicht auf den Fernseher und einer möglichen Fluchtroute (für den Fall, dass andere zu sehr kuscheln wollen) gesichert. Hinter mir sitzt ein Mann, der obwohl das Spiel noch gar nicht angefangen hat, bereits weiß wie es ausgehen wird. Nämlich 1:1. „Die spielen so schlecht, das geht höchstens 1:1 aus, wie gehen Ungarn. Gegen Ungarn muss man doch gewinnen.“ Auch mit der Mannschaftsaufstellung ist er nicht zufrieden. „Schon wieder Werner. Der hat noch nie was gebracht.“ Dann beginnt das Spiel. Deutschland spielt gegen seinen absoluten Angstgegner. Italien. Ich kann mich gar nicht an einen Sieg gegen Italien erinnern. Aber dafür an schmerzhafte Niederlagen. Wie bei der Heim-WM 2006. Deutschland spielt gut und führt zur Pause verdient 2:0. Trotzdem meckert mein Hintermann in einer Tour. „Die können nix. Nur Fehlpässe. Und der Werner…“ Auch in der zweiten Halbzeit spielt Deutschland wirklich gut und führt in der 70.Minute 5:0. Gegen Italien! Trotzdem bleibt in den Augen meines Hintermanns alles schlecht. Auch das Werner zwei Tore schießt, besänftigt ihn nicht. Als er dann ein neues Bier bestellt und dieses nicht sofort kommt und er deshalb anfängt über die Kellner zu meckern, platzt mir der Kragen. Ich drehe mich um und geige ihm meine Meinung. Irgendwas mit „Typisch deutsch, nie zufrieden und immer am Meckern“ werfe ich Ihm an den Kopf. Totenstille. Für einen Moment interessiert die ca. 50 fußballbegeisterten Gäste in der Almhütte das Spiel nicht mehr. Alle gucken mich an. Dann geht das Gemurmel wieder los. Ich ernte dankbare Blicke. Gleichzeitig ist mein Hintermann für den Rest des Spiels ruhig.
3.) Nachbesprechung zum Auftritt der Gastkünstlerin „Eszter Vegvari“
Stefan und ich sitzen in der Lounge und lesen. Vorher haben wir die Show der Gastkünstlerin Eszter Vegvari, einer Profi-Musical-Darstellerin, besucht und sind beide begeistert. Die Standing Ovation und der Ruf nach einer Zugabe deutet daraufhin, dass der Großteil der anderen Gäste den Auftritt ähnlich wie wir wahrgenommen haben. Als Zugabe gibt es ein Medley von Udo Jürgens.
Zwei Pärchen älteren Semesters betreten die Lounge. Da sie sich mit Vornamen ansprechen, ist es offensichtlich, dass sie sich kennen und mindestens den Abend gemeinsam verbringen. Der folgende Dialog entsteht:
Frau A: „Hier ist aber sehr kalt.“
Frau B: „Das war viel zu laut und von der Intonation her viel zu lang gezogen.“
Mann A: „Ich hole mal Jacken. Hier ist es zu kalt.“ (Mann A tritt ab.)
Mann B: „Der Udo Jürgens singt das anders.“
Frau B: „Und viel zu laut.“ Meine Tochter singt ja auch. Aber nicht so laut.“
Frau A: „Mir hat es gefallen“.
Frau B: „Ich spiele ja Klavier und das war viel zu langgezogen, also von der Intonation her.“
Mann B: „Der Udo Jürgens singt das anders. Mehr so als würde er ins Ohr flüstern.“
Frau B: „und viel zu laut.“
(Mann A tritt auf und gibt Frau A eine Jacke.)
Mann A: „Die Show war toll.“
Frau A: „Fand ich auch“
Frau B: „Viel zu laut und ich spiele ja Klavier und kann das beurteilen. Die Intonation war viel zu langgezogen.“
Mann B: „Der Udo Jürgens singt das anders.“
Ich denke: Der Udo Jürgens singt das gar nicht mehr!
Alle blicken mich erstaunt an. Habe ich das etwa gesagt und nicht nur gedacht?