Kurzer Nachtrag zu gestern: Nachdem Stefan und ich gestern aus dem Schlosspark Theater (und immer noch überwältigt davon Dieter Hallervorden im Stück „Love Letters“ live gesehen zu haben) zurück im Hotel angekommen sind, treffen wir Janine und Jens wieder. Schon wieder zufällig. Janine und ich haben uns auf der Azorenkreuzfahrt kennengelernt. Dann völlig unabgesprochen haben Stefan und ich sie und Ihren Freund Jens auf der Kap Verden Kreuzfahrt wieder getroffen. Und jetzt schon wieder im Hotel in Berlin. Ich überlege kurz, ob sie uns stalken… 😜
Nachdem wir am nächsten Morgen nach Pirna gefahren sind, beginnt der Wanderteil des Urlaubs. Wir beginnen das Projekt „Malerweg.“ Dieser Wanderweg hat seinen Namen aufgrund von verschiedenen Malern, die in der sächsischen Schweiz Ihre Spuren hinterlassen haben. Zu Beginn des Weges gehen wir immer am Rande eines kleinen Flusses, der Wesenitz. Stromschnellen und ein kleiner Wasserfall gepaart mit gigantischen Felsen bieten ein echtes erstes landschaftliches Highlight.
Ich vermute der Beginn der ersten Etappe ist bewusst so gewählt worden, um die unentschlossenen Wanderer „heiß“ auf den weiteren Weg zu machen. Stefan ist derart heiß, dass er den offiziellen Startpunkt verpasst. Was ihn ärgert. Das wiederum führt dazu, dass er ungefähr bis zur Hälfte des Weges mir andauernd mitteilt, wie schade es ist, dass er den offiziellen Startpunkt verpasst hat.
Der Weg bietet uns auf der ersten Etappe sehr unterschiedliche Landschaften. Wir gehen durch kleine Städtchen, über Felder, um dann durch einen dichten Wald in eine Klamm ähnliche Schlucht hinabzusteigen.
Auch aufgrund der -in der direkten Sonneneinstrahlung- fast nicht zu ertragenen Hitze, gefällt uns die Schlucht und der gleichzeitig damit vorhandene Schatten am Besten.
Dann kommt uns ein Mann mit leerem Kinderwagen entgegen. Das vermutlich dazugehörige Kind kommt uns hinter der nächsten Biegung entgegen. Das ungefähr drei jährige Mädchen zeigt auf mich und ruft: „Kaputt.“ Als ich gerade widersprechen will, da ich mich konditionell noch ganz frisch fühle, erkenne ich was sie meint. Ihr Stock war zerbrochen. Da wir bei diesem Problem leider nicht helfen konnten, gehen wir weiter.
Kurz darauf kommen wir mitten im Wald zur sogenannten Waldidylle. Pascal wäre beim dem Anblick sicherlich der eine oder Horrorfilm eingefallen, der hier spielen könnte. Mich irritiert eher, dass ich beim Anblick der Inhaberin kurz dachte es wäre Janine, was sich aber schnell als Irrtum rausstellt.
Zum Abschluss der heutigen Etappe kommt dann noch ein Highlight: Die Teufels Küche. Ein kleiner Pfad durch die vielen riesigen Felsformationen ist von den Einheimischen so genannt worden. Stefan lässt es sich natürlich nicht nehmen der „Küche“ einen Besuch abzustatten.
Nach einem tollen Frühstück mit frischen Erdbeeren (in der Pension Ruth in der Stadt Wehlen) machen wir uns auf den Weg. Die heutige Etappe ist zwar nicht länger, bietet dafür aber deutlich mehr Höhenmeter an. Manche von uns freuen sich darüber.
Ich wandere ja zum ersten Mal mit Stefan. Wir kennen uns gut und haben schon verschiedene Kreuzfahrten zusammen verbracht. Dabei hatten wir immer viel Spaß, da wir oft ähnliche Interessen und Vorraussetzungen haben. Das gemeinsame Interesse ein Stück auf dem Malerweg zu gehen verbindet uns. Gleiche Interessen sind somit auch diesmal vorhanden. Bei den Vorraussetzungen sieht es aber mal ganz anderes aus.
Meine Wandererfahrungen -als selbst definierter ewiger Wander-Azubi- beschränken sich auf einige wenige mehrtägige Wandertouren. Die längste an einem Tag gelaufene Strecke war bei mir 27 km lang. Der Blogeintrag zu der Etappe hatte nicht ohne Grund den Titel „Hola die Waldfee, ist das weit.“ Das ich an dem Tag auf der letzten Rille angekommen bin, versteht sich von selbst.
Stefan als dauertrainierter Ultra Wanderer und in seinem Wanderverein im Harz für die langen und sehr schnellen Touren als Guide zuständig, gibt als Rekord 80 km an einem Tag an. Nein, Ihr habt Euch nicht verlesen! Achtzig Kilometer an einem Tag-zu Fuß. Also ohne Auto.
In Bezug auf die Vorraussetzungen sind wir also ein ganz klein bisschen unterschiedlich unterwegs.
Der steile Aufstieg zur Bastei bestätigt sehr schnell diese Erkenntnis. Während ich nach dem Aufstieg, der die Dampflokomotiven Atmung erforderlich gemacht hat, eine Pause brauche und dabei relativ früh am Tag einen Großteil meiner Wasserreserven verbrauche, war der Aufstieg für Stefan eher eine Aufwärmübung.
Obwohl wir im Rahmen des Roadtrips durch Deutschlands Osten schon mal an der Bastei Brücke waren, lohnt sich der Besuch auch heute. Der Anblick bleibt einfach fantastisch.
Dann führt uns der Weg wieder durch unterschiedliche Landschaften. Rein in Bezug auf die Landschaft wage ich bereits heute (also am 2.Tag) zu sagen, dass der Malerweg durch die sächsische Schweiz ein echtes Highlight ist.
Viele Höhenmeter rauf bedeutet in der Regel, dass es irgendwann auch wieder runter gehen muss. Tut es aber lange nicht. Erst als wir das heutige Etappenziel die Pension Polenztal schon vom Aussichtspunkt aus sehen können, erklärt sich das Höhenprofil.
Die bisher zurück gelegten Höhenmeter geht es jetzt komplett am Stück wieder runter. Mein Knie mag Treppen bergab nicht wirklich. Hier sind es jetzt viele schmale Eisentreppen.
Mein Vertrauen in die Konstruktion wird durch die knarzenden und quietschenden Geräusche beim Betreten auf die Probe gestellt. Das manche Treppen eher lose sind und unter meinem Gewicht bedenklich wackeln macht es nicht besser.
Am Boden angekommen beziehen wir ein sehr schönes 3-Bett Zimmer mit malerischem Blick auf einen kleinen Bach, der direkt unter unserem Fenster vorbei fließt.
Während ich mich ausruhe, nutzt Stefan seine großen Kraftreserven und badet im Bach.
Für heute sind 25 Grad und 15 Sonnenstunden angekündigt. Jetzt denkt Ihr: Ist doch super Wetter. Das wäre ja auch so, wenn wir zum Strand wollten. Wollen wir aber nicht. Wir gehen wandern. Und beim wandern ist direkte Sonneneinstrahlung in etwa so hilfreich wie eine Eiswürfelmaschine am Nordpol. Gott sei Dank hat der Schöpfer des Malerweges auch einige Passagen mit natürlichen Schatten (meistens durch Bäume) eingeplant.
Da die wirklich empfehlenswerte Pension Polenztal geografisch ca. 1 Kilometer vor dem offiziellen Ende der 2. Etappe des Malerweges liegt, kommt dieser Kilometer zur heutigen Etappe dazu. Ein Kilometer. Kein Problem. Habe ich auch gedacht. Bis mir klar wird, dass der eine zusätzliche Kilometer komplett aus Aufstieg besteht.
Oben angekommen beginnt die heutige Etappe, die sich landwirtschaftlich definitiv nicht vor den anderen verstecken muss.
Um den schon beschriebenen unterschiedlichen konditionellen Ressourcen Rechnung zu tragen, entscheiden wir uns immer mal getrennt ein Stück zu gehen. Ich gehe den Malerweg. Die 3. Etappe. Plus Aufstieg (der zur 2. Etappe gehört). Also so wie im Vorfeld geplant. Stefan geht das alles auch. Zusätzlich macht er aber verschiedene Abstecher zu Aussichtspunkten, die eigentlich nicht auf unserem Weg liegen. Er holt mich dann natürlich mühelos wieder ein, obwohl ich -in meinen normalen Tempo- weitergegangen bin.
Stefan ist eine Maschine! Unabhängig davon fällt mir bei dieser Tour etwas Neues an Stefan auf. Er hat eine Hassliebe zu Schildern. Manchmal ist er wütend, weil es kein Schild gibt So zum Beispiel gestern am Amselfall, einem kleinen Wasserfall, den wir durchaus gesehen haben. Stefan hätte sich aber ein Schild gewünscht, um zu wissen, dass es auch wirklich der Amselfall war. Manchmal ist er auch unzufrieden, dass es ein Schild gibt. Als Beispiel dient hier das „Hier ist keine Toilette“-Schild, als er gerade pinkeln musste. Meistens faszinieren Ihn allerdings Schilder. Er steht dann wirklich lange davor und liest sich alles durch. Dabei spielt die Relevanz der Information des Schildes nach meiner Beobachtung eher eine untergeordnete Rolle. Er fotografiert auch Schilder. Der Grund bleibt mir verborgen. Scheint mir eine Art Fetisch zu sein.
Vor dem offiziellen Etappenziel in Altendorf ist noch ein Aufstieg zu absolvieren. Es wird der dritte Aufstieg. Nach dem ersten gab es nämlich noch einen heftigen Aufstieg im sogenannten „Tiefen Grund.“ Dieser dritte Aufstieg ist in Bezug auf die Steigung und die Beschaffenheit des Weges (Keine Treppen-Juhu!) gar nicht so heftig. Die Herausforderung hier besteht darin, dass ich schon zwei heftige Aufstiege in den Knochen habe und in direkter Sonneneinstrahlung. Die 15 Stunden sind scheinbar noch nicht vorbei.
Oben angekommen geht meine Tanknadel auf Reserve und mein Wasser auf Null. Da in Altendorf leider keine Unterkunft zu bekommen war, müssen wir noch 2 Kilometer weiter. 2 Kilometer kein Problem. Eigentlich. Leider bestehen die 2 Kilometer aus einem steilen Abstieg, bei dem jeder Schritt gut geplant werden will. Definitiv besser als noch ein Aufstieg, aber mit dem Tank auf Reserve trotzdem eine Challenge.
In der Pension, die mitten auf einem Campingplatz liegt, nehmen wir demütig den Schlüssel für unserer Zimmer in Empfang. Ich hatte nämlich vergessen, die Anzahlung zu überweisen.
Durch die Zusatzkilometer ist die gestrige Etappe die längste und damit die Königsetappe geworden. Also zumindest für mich. Aber dazu später mehr. Am Ende waren es knappe 20 Kilometer und über 600 Höhenmeter.
Die bisherigen Etappen waren alle toll. Die heutige vierte Etappe übertrifft aber alle bisherigen in allen Bereichen um Längen. In Betzug auf die gebotene Landschaft. Das hier ist einfach noch mal eine Nummer mehr.
Auch in Bezug auf den Schwierigkeitsgrad. Bestanden die größten Herausforderungen bisher aus schmalen Eisentreppen und großen Steinen, so wird das heute noch durch Eisenleitern (die in mehr oder weniger senkrechte Steinwände gehauen sind) erweitert.
Der Malerweg. So richtig viel Bezug zu „Malern“ gibt es auf der Strecke eigentlich nicht. Selbst Schilderexperte Stefan hat nur vereinzelte und kaum noch zu erkennende Hinweise in diesem Zusammenhang gefunden. Trotzdem gibt es versteckte Hinweise mindestens auf Künstler, wie dieses Waldboden-Bild.
Tiere begegnen uns auch einige auf dem Malerweg. Die spektakulärste Begegnung ist sicherlich die mit der kleinen Schlange, vermutlich eine Blindschleiche.
Insgesamt ist die Erfahrung „Wandern auf dem Malerweg“ ein absolutes Highlight. Die Landschaft-top. Die Unterkünfte-voll ok. Mein Wanderguide Stefan-unbezahlbar. Er wartet auf mich. Er kümmert sich um mich. Er kümmert sich um den Weg. Er kümmert sich um Alles.
Damit seine Bedürfnisse irgendwie auch Ihren Platz finden, geht er -wie schon erwähnt- immer mal ein zusätzliches Stück. So auch heute. Wir laufen zusammen bis zum wenig spektakulären Lichtenhainer Wasserfall. Dort steige ich in den Bus zurück zu unserem Startpunkt und hole das Auto. Stefan läuft die restlichen 4 Kilometer der Etappe und dann noch zusätzliche 7 Kilometer zur heutigen Unterkunft. Die längste Etappe für Stefan wird somit die heutige. Echt ein krasser Typ der Stefan.
Für die letzte Übernachtung in der sächsischen Schweiz haben wir ein Zimmer im Gasthof zur Hoffnung gebucht. Der Name ist Programm. Den es besteht Hoffnung. Hoffnung auf weitere gemeinsame Urlaubsprojekte mit Stefan. Vielleicht sogar Hoffnung auf gemeinsame Wanderprojekte.
Nach dem Kreuzfahrt-Teil mit AIDA und dem Roadtrip-Teil in Berlin, hat gestern mit der 4. Etappe des Malerweges auch der Wander-Teil dieses Urlaubs geendet.
Nachdem wir die „Wenig-Komfort“ Zone des Lebens aus dem Rucksack verlassen haben, genießen wir die Vorzüge eines prall gefüllten Koffers und der darin enthaltenen frischen Kleidung.
Dann geht es nach Erfurt. Zum einen weil meine liebe Arbeitskollegin Silke hier wohnt und wir Ihr heute Abend einen Besuch abstatten. Zum anderen weil hier geographisch ein sinnvoller Punkt für den Urlaubsabschluss ist, von dem Stefan und ich dann den jeweiligen Heimweg antreten können. Zusätzlich gibt es hier den Thüringer Zoopark,, der mir als bekennender Zoo-Fan noch in meiner Sammlung fehlt. Deshalb gehen Stefan und ich heute in den wirklich tollen Erfurter Zoo. Dieser besticht insbesondere durch seine Weitläufigkeit und die im Vergleich großen Gehege.
Randnotiz: Da es immer noch sehr sonnig ist (Die Anzahl der Sonnenstunden ist unklar) gehe ich nochmal zurück zum Auto und hole meine Sonnenbrille. Als ich sie aufsetzten will, macht es knack und es gibt zwei Restsonnenbrillenteile. Mit dem Ende des Urlaubs endet somit auch die Geschichte von Sonnenbrille Nummer (grob geschätzt) 2645.
Mit dem Zoobesuch sind dann wirklich alle meine Urlaubshighlights in diesem Kombiurlaub vorgekommen. Kreuzfahrt mit Freunden. Roadtrip mit Theaterbesuch. Rucksack-Wandern mit malerischer Landschaft.
Das Urlaubende kommt näher. Auf einer Mauer vergessene Schuhe kommen mir wie ein Symbol für das Ende der Reise vor.
Auch auf dem Malerweg sind uns schon verlassene Wanderschuhe begegnet. Wobei die für mich eher für aufgeben standen, da sie uns schon auf der 3.Etappe aufgefallen sind.
Aufgeben war nie ein Thema für mich. Ich bin insgesamt sehr dankbar für diesen Urlaub und die verschiedenen Erlebnisse. An dieser Stelle auch nochmal herzlichen Dank an Pascal, Olli, Rouven und Katja und natürlich an Stefan. Ohne Euch wäre das alles nur halb so schön gewesen.
Im Vorfeld war ich nicht sicher, ob die Kombination von so unterschiedlichen Urlaubsformen (Scheinbar unendlicher Komfort und Luxus auf einem Kreuzfahrtschiff und Wandern mit dem allernötigsten und wirklich wenig Komfort) eine gute Idee ist. Und die Fallhöhe ist schon hoch. Trotzdem würde ich das immer wieder machen. Mehr Abwechslung führt meiner Ansicht nach definitiv zu besseren Urlaub!
Beim Roadtrip durch den Osten, hat der Urlaub auch in Erfurt geendet und es war ein Fest. So gesehen sollten vielleicht alle Urlaube in Erfurt enden!