Wandern im Stubaital oder wo ein Tal ist, sind auch Berge

Wandern im Stubaital oder wo ein Tal ist, sind auch Berge

Wir sind im Stubaital in Österreich zum Kurz-Wander Urlaub.

Wir sind in diesem Fall die übrig gebliebenen Mitglieder der „Skischule Murat“, also unsere ehemalige Skitruppe, die wir in einer Bierlaune so benannt hatten.

Namensgeber ist Mirco alias Murat. Unser selbsternannter Skilehrer der jetzt zum Bergführer mutiert ist. Mirco kennt jede Tour, und freut sich diebisch die Parameter jeder Tour (Länge der Strecke, Höhenmeter, Zeitrahmen, usw.) nicht zu verraten.

Mirco (Murat) und die Ziege. Die Ziege ist rechts 😉

Gisi. Der Alterspräsident der Truppe. Konditionell macht ihm aber kaum einer etwas vor. Er geht jeden Weg mit und ist für fast jede verrückte Idee offen. Wie beim Ski fahren nutzt Gisi die Stöcker auch beim Wandern im Grunde nie-hat sie aber immer dabei.

Ich. Immer noch der Wander-Azubi (vergleiche den Reisebericht zum Moselsteig). Meine Stärken liegen eher bei der Pausengestaltung auf der Hütte

Sulzenauer Hütte oder warum Mordor in Österreich liegt

Sulzenauer Hütte oder warum Mordor in Österreich liegt

Jetzt aber zur ersten Etappe. Rahmendaten sind Gisi und mir aus schon beschriebenen Gründen nicht bekannt. Das die Vermieter unserer Ferienwohnung bei der Ankündigung von Mirco, welche Route er heute für uns geplant hat, irgendwie schelmisch gelächelt haben, hätte man als ein Warnhinweis interpretieren können. Im Nachhinein ist man immer schlauer.

Zu Beginn gibt es einen tollen Wasserfall zu sehen. Ein erstes Highlight.

Es sollen noch einige weitere folgen. Aber alles hat seinen Preis. Nach dem Wasserfall steht erst mal ein Aufstieg an. Die Steigung an sich ist zwar heftig, aber durchaus machbar. Das Problem liegt in der Beschaffenheit des Weges, wenn man das überhaupt so nennen kann. Uns erwartet ein steiler Geröll Pfad, der mich spontan an Frodo und Sam und Ihren Weg nach Mordor erinnert. Hier liegen wahllos verschiedene Steine herum, wobei sich kleine Kiesel mit Monstersteinen in Pkw Größe abwechseln. Um es noch ein bisschen anspruchsvoller zu machen fließt an verschiedenen Stellen ein Bach über unseren „Weg“. Nasse Steine sind rutschig. Eine wichtige Erkenntnis, die insbesondere für mich noch wichtig werden sollte. Nicht zu vergessen der Abgrund der immer mal wieder links oder rechts auftaucht und daran erinnert, dass wir auf einem Berg sind. Ich kann mich ganz gut in Frodo hineinversetzen und habe zwischenzeitlich das Gefühl, dass der Berg gar nicht will, dass ich da lang gehe.

Wir gehen aber weiter und werden dann urplötzlich von einer wunderschönen Hochebene belohnt. Auch die erinnert mich, an Herr der Ringe und Elrond‘s Haus. So schön ist es hier. Ich wäre auch nicht überrascht, wenn hier gleich ein paar Elben entlang reiten.

Verzaubert von der Schönheit der Hochebene, verpasse ich fast die erste Hütte. Für die zweite mit tollem Ausblick muss allerdings noch ein Aufstieg über ein weiteres Geröll Feld angegangen werden. Oben angekommen verzichte ich auf den Ausflug zum Bergsee um Kräfte für den Abstieg zu sammeln.

Dieser ist härter als erwartet. War der Aufstieg zwar anstrengender, ist der Abstieg zumindest für mich mit Schmerzen verbunden. Ich rutsche auf einem nassen Stein aus und habe seit dem Schmerzen im linken Knie. Der noch sehr lange Abstieg über die Geröllfelder von Mordor wird deshalb zur Herausforderung. Mein Eindruck ist: So ein Abstieg funktioniert mit zwei Knien besser.

Meine beiden Gefährten bleiben bei mir und helfen wo sie können, so dass ich es doch noch bei Tageslicht vom Berg runter schaffe. Ich bin mir nämlich mittlerweile ziemlich sicher, dass es hier nachts von Orks nur so wimmelt…

Warum der wilde Wasser Weg auch der wilde Tiere Weg ist oder warum es einen Unterschied zwischen Wandern, Bergsteigen und Pilgern gibt.

Warum der wilde Wasser Weg auch der wilde Tiere Weg ist oder warum es einen Unterschied zwischen Wandern, Bergsteigen und Pilgern gibt.

Heute steht der wilde Wasser Weg auf dem Programm. 15 km auf echten Wanderwegen (so ganz ohne Geröll-gut für mein Knie) immer in der Nähe der Ruetz, ein an den meisten Stellen reißender Fluss.

Die Tour beginnt allerdings im Wald. Schnell wird klar: Wir sind heute sehr oft von wilden Tieren umgeben. Zu Beginn entdeckt Adlerauge Mirco einen wohl superseltenen Alpensalamander. Weiter ging es mit handzahmen Ziegen und Kühen. Frösche, Kaulquappen, Forellen und Bienen fehlen auch nicht. Fast alle Tiere lassen sich anfassen (Bei den Bienen haben wir es nicht probiert…)

Auch ein Mammut begegnet uns auf dem Gletscher (den wir vor Beginn der Tour mit Hilfe der Gondel besucht haben).

Das Gisi und mir dann aber auch noch ein Höhlenmensch mit Rucksack begegnet, war so nicht zu erwarten 😉

Der wilde Wasser Weg macht seinem Namen im Mittelteil der Strecke alle Ehre. Hier wechseln sich Stromschnellen mit Wasserfällen und Schluchten, durch die sich der Fluss presst, ab. Die Kraft die der Fluss hier zeigt, ist eine echte Attraktion für viele.

Welche Kraft Wasser hat, habe ich zuletzt im Ahrtal gesehen, wo durch die Hochwasserkatastrophe Freunde von mir aus meiner Zeit in Rheinland-Pfalz fast alles verloren haben.

Daran muss ich denken, als wir an dem nächsten Wasserfall Pause machen. Jetzt kommt es mir komisch vor, dass wir uns hier an der „Attraktion“ Wasserkraft erfreuen.

Das eine hat mit dem anderen aber natürlich nichts zu tun, von daher lenke ich meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes.

Seit gestern beschäftigt mich die Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen Wandern und Bergsteigen? Und wenn ja wo ist die Grenze? Kommt es auf die Steigung an? Oder auf die Begebenheit des Weges? Oder hat es etwas mit der nötigen Ausrüstung zu tun? Fragen über Fragen, die mich beschäftigen während wir an wirklich tollen Landschaften vorbei wandern. Hier ist es wirklich schön! Da muss man unserem Bergführer Mirco ein Kompliment machen!

Aber zurück zu der Wander/Bergsteig-Frage: Gestern mit unzähligen Geröll-Feldern hatte es zumindest für mich eher etwas von Bergsteigen. Das ist scheinbar nicht so meine Disziplin.

Die heutige Etappe mit gut ausgebauten Wanderwegen gehört für mich in die Kategorie „Wandern“. Das ist schon eher meins, obwohl sich bestimmte meiner Körperteile wie Füße noch immer nur langsam daran gewöhnen wollen.

Auf unserem Weg kommen wir auch an verschiedenen Steinmännchen vorbei. Diese erinnern mich an Bilder vom Jakobsweg und dem Bericht von meinem Bruder über seine Pilgerreise.

Pilgern ist nochmal eine eigene Kategorie, denke ich. Obwohl die vielen Steinmännchen, an denen wir hier vorbei kommen, vermutlich nicht von Pilgern errichtet wurden, bleibe ich an dem Gedanken hängen.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, da mir der Bergführer klar macht, dass wir die Straßenseite wechseln müssen. Ich deute seine Stock Choreografie, die an das Bodenpersonal am Flughafen erinnert, zumindest so.

Auf der anderen Straßenseite angekommen, erblicke ich eine kleine Kapelle. Vielleicht ein Zufall. Ich nehme mir trotzdem vor das mit dem Pilgern vielleicht in Zukunft noch mal weiter zu verfolgen.

Zum Abschluss der Tour ist es Gisi der „die gute Tat“ des Tages vollbringt, indem er einer netten älteren Dame hilft einen Weidezaun-Pfosten wieder zu befestigen. Sie hatte ihn beim Blumen pflücken wohl umgestoßen.

In der Ferienwohnung angekommen und nach einer sehr schönen Tour, treffen wir uns jetzt gleich mit den wirklich netten und herzlichen Vermietern unserer Ferienwohnung. Obwohl zumindest Gisi und ich sie jetzt erst seit zwei Tagen kennen, hat man das Gefühl, dass wir uns schon ewig kennen.

„Wenn oben, dann fertig“ oder die Geschichte von  Gleitschirmen, Dampflokomotiven, den Dolomiten, Steinmenschen und anderen Weisheiten

„Wenn oben, dann fertig“ oder die Geschichte von Gleitschirmen, Dampflokomotiven, den Dolomiten, Steinmenschen und anderen Weisheiten

Unsere heutige Tour beginnt mit einer Gondelfahrt zum Elferberg. Der heißt halt so und hat nichts mit Fußball zu tun.

Oben angekommen bekommt meine Recherche welche neuen Hobbys zu mir passen könnten, eine neue Klarheit. Per Okularinspektion – also durch schlichtes zu sehen – der gerade startenden Gleitschirmflieger wird mir klar, dass das ein Hobby für andere ist.

Gisi und Mirco sehen das anders und sind fasziniert.

Danach starten wir mit der heutigen Tour. Sie beginnt mit dem heftigsten Aufstieg unseres Kurzurlaubes. Der Weg ist völlig ok, aber steil. Sehr steil. Deshalb kommt mein Kreislauf schon ein bisschen in Wallung und gleichzeitig steigt meine Atemfrequenz. 

Andere Wanderer schauen sich verwundert um und erwarten anstelle von mir, scheinbar eine Dampflok. Ob eine Zugverbindung hier oben Sinn machen würde, bleibt ungeklärt. Die Quelle der offensichtlich zugähnlichen Geräusche – bin ich. Also sozusagen der „Tiroler Schnaufexpress“.  

Nachdem die Steigung ein Einsehen hat, verläuft die landschaftlich bildhübsche Strecke immer ein bisschen bergab an einem Steilhang entlang. Der Ausblick ist umwerfend. 

Mirco und Gisi sind schneller als ich. Das ist keine neue Erkenntnis. War mir vorher klar, dass es für mich bei dem Teilnehmerfeld nur für Bronze reichen wird. Als ich dann irgendwann mal wieder zu Gisi aufschließe, zeigt er in Richtung einer Felsformation und sagt: „Dolomiten“. Jetzt bin ich kein Geographie-Experte, aber die Dolomiten hätte ich doch woanders vermutet.

Die Sache ist schnell geklärt. Er meint natürlich nicht, dass dort die Dolomiten sind, sondern, dass diese spezielle Felsformation im Gegensatz zu allen anderen in unserem Sichtfeld eher an die Dolomiten erinnern. Und er hat Recht. Schon beeindruckend welches Panorama uns hier geboten wird.  

Nach einem längeren Abstieg über kleinere Geröllsteine (mein Knie hält) besuchen wir die Steinmenschen und versuchen zu helfen. 

Dann bei Gesamtkilometer 38 (in Bezug auf alle Touren in den letzten drei Tagen) steht der letzte Aufstieg an. Ich merke meinen Körper bzw. Kadaver schon ein bisschen.

Aber auf unseren Bergführer ist Verlass. Mit motivierenden Worten baut er die Truppe noch mal auf.

Beschränkten sich seine Motivationssprüche in seiner Zeit als Skilehrer noch hauptsächlich auf: „Ist nicht mehr weit“, hat er sich jetzt als Bergführer offensichtlich weiterentwickelt.

„Wenn oben, dann fertig!“

Er meint vermutlich das Ende der Tour. Am Ende hat er doppelt Recht: Ich bin nämlich auch körperlich fertig, als ich oben bin.