Von den drei Steinböcken und der Schildkröte (Stubaital zum 3ten)

Von den drei Steinböcken und der Schildkröte (Stubaital zum 3ten)

Wir sind zum wandern im Stubaital. Wie letztes Jahr und dem Jahr davor. Warum wir immer ins Stubaital fahren und dafür die wirklich lange Anfahrt in Kauf nehmen? Weil es hier einfach so schön ist. Obwohl wir jetzt zum dritten Mal in Folge hier hin fahren, ist nicht alles wie immer. Mirco als allwissender Wanderführer, der jede Tour hier schon mehrfach gemacht hat und Gisi der unermüdliche und dabei stets entspannte Wanderkollege sind natürlich wieder dabei. Aber wir sind diesmal zu viert. Allerdings darf der Name unseres Neuzugangs nicht genannt werden. Nein, es ist nicht Voldemort! Der Name bleibt also geheim. Auch ansonsten darf ich nicht viel über ihn schreiben. Vielleicht nur so viel: Die Sicherheitslage dieser Wandergruppe ist durch unseren Neuzugang deutlich sicherer geworden! Da ich aber nicht immer von „Neuzugang“ sprechen will, nenne ich ihn einfach „Helmut.“ Helmut ist echt nett und passt gruppendynamisch super in unsere Truppe. Einen Nachteil hat seine Anwesenheit aber. Habe ich bei den bisherigen Wanderungen immer einen sicheren dritten Platz (von drei Teilnehmern) erreicht, ist der Bronzerang jetzt definitiv weg. Peter alias Helmut ist nämlich deutlich fitter als ich. Was zugegebener Weise nicht besonders schwierig ist. Das ist aber kein Problem für mich und Frank alias Peter.

Na schon verwirrt? Ich verspreche das wird noch schlimmer.

Wir starten die erste Wanderung zur Starkenburger Hütte. Die Tour haben wir zu dritt auch schon letztes Jahr gemacht. Damals mussten wir uns allerdings auf die Aussage von Mirco verlassen, dass es dort eine tolle Aussicht gibt. Durch massiven Nebel haben wir nämlich letztes Jahr als Michael alias Frank noch nicht dabei war mal überhaupt nichts gesehen. Das ist dieses Jahr besser.

Konditionell sind wir mal wieder mit echt unterschiedlichen Voraussetzungen unterwegs. Während Mirco, Gisi und Kevin alias Michael echt fit sind und mit einer Anmut , die mich an Steinböcke erinnert, quasi die Steigungen hinauf fliegen, erinnern meine Aufstiegsbemühungen eher eine Galápagos-Riesen Schildkröte. Ich bin langsam und muss immer mal wieder eine Pause zum Atmen einlegen.

Jetzt sind nicht alle Wege zwingend geeignet für Schildkröten. Das ist mittlerweile auch Mirco klar. Deshalb nehmen die drei Steinböcke den einen oder anderen Zusatzweg, während ich extrem langsam den klassischen Weg nehme.

Am Ende werden es 17,5 Kilometer und 500 Höhenmeter in der Schildktötenwertung sein. Die Steinböcke haben vermutlich mehr.

Lothar alias Kevin bietet zwischenzeitlich sogar an, sich auf mein Tempo runter zu bremsen, damit ich nicht alleine gehen muss. Ich lehne dankend ab und wir treffen uns ja auch immer wieder, da Steinböcke nunmal schneller sind, als Schildkröten.

Rückkehr nach Mordor

Rückkehr nach Mordor

Heute ist es soweit. Ich kehre nach Mordor zurück. Alle, die sich jetzt fragen warum Mordor in Österreich liegt, empfehle ich den Blogeintrag „Warum Mordor in Österreich liegt“ in der Kategorie „Wandern im Stubaital 2021.

Ich bin ein bisschen nervös als ich aus dem Auto steige. Die ungewöhnliche Stille der anderen deute ich so, dass auch sie von einer gewissen Anspannung erfasst sind. Der, dessen Namen nicht genannt werden darf, ist der Einzige, der nicht weiß was ihn erwartet. Auch die Mantra mäßige Wiederholung der Floskel „Wir wollen nicht zu viel verraten,“ scheint ihn nicht zu beunruhigen.

Dann geht es los. Wir gehen ein Stück am Fluss entlang. Die Spuren, des letzten Unwetters, die den Fluss deutlich über die Ufer haben treten lassen, sind unübersehbar. Vom Fluss aus geht es in den dichten Wald.

Sofort tauche ich wieder in die Bilder von Herr der Ringe ein. Frodo und die Gefährten verlassen die Kanus am Fluss und machen am Rand eines dichten Waldes eine Rast. Der Wald, in dem Boromir als einer der Gefährten einen qualvollen Tod sterben wird. Aber der Reihe nach.

Führt der Weg am Anfang noch über Treppen und Stiegen immer tiefer in den Wald, besteht das was sie in Österreich „Weg“ nennen, bald nur noch aus Wurzeln und Felsbrocken.

Gleichzeitig geht es steil bergauf. Die Steinbock Fraktion fliegt die Felsen hinauf. Da ich nach wie vor immer mal „IMA-Pausen,“ also „Ich muss Atmen“ Pausen, machen muss, bin ich relativ schnell allein. Allein in Mordor.

Die Parallelen zum Film sind unheimlich. Auch Boromir wurde von der Gruppe getrennt.

Die Wegebeschaffenheit wird immer anspruchsvoller. Jeder Schritt will gut geplant und mit höchster Aufmerksamkeit umgesetzt werden. Die Gefahr hier besteht somit nicht nur durch einen Ork Angriff, sondern auch durch schlichtes Abstürzen. Da ich fest entschlossen bin, den Orks meinen Kadaver nicht kampflos zu überlassen, versuche ich letzteres tunlichst zu vermeiden.

Dann ist plötzlich der krasse Teil des Aufstiegs geschafft. Es geht nur noch ertragbar bergauf und auch der Weg hat ein Einsehen. Ich treffe die Gefährten wieder, die sich wohl schon Sorgen um mich gemacht haben. Nachvollziehbar. Immerhin sind wir hier in Mordor.

Dann bringen wir noch einen kurzen Kletterpart über Eisenstiegen hinter uns. Dieser wird erforderlich, da vermutlich auch das letzte Unwetter die Brücke unpassierbar gemacht hat.

Und dann erreichen wir Bruchtal. Also zumindest erinnert mich die wunderschöne Hochebene stark an Herr der Ringe und das Reich der Elben. Hier ist es so schön, dass man die Strapazen des Aufstieges schnell vergisst. Ein malerischer Wasserfall rundet das Gesamtbild ab. Hier kann man es definitiv aushalten.

Wie bei Herr der Ringe endet hier aber die Reise nicht. Es geht weiter bergauf bis zum Gipfel des Schicksalberges.

Wie bei Herr der Ringe ist diese Aufgabe ja aber nur einzelnen übertragen. In Bezug auf unsere Wandergruppe sind das Mirco, Gisi und der Dritte. Ich bleibe bei den Elben, also sozusagen in Elrond‘s Haus.

Ob die drei Gefährten am Gipfel tatsächlich irgendeinen Ring in irgendeine Schlucht werfen, bleibt ungeklärt.

Auf dem Rückweg, also dem Abstieg, passt das Bild von Herr der Ringe dann plötzlich nicht mehr. Ein Rettungshubschrauber taucht auf.

Er fliegt so dicht an den Abhang, an dem ich gerade versuche nicht herunterzufallen, dass mir der aufgewirbelte Dreck in die Augen fliegt. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Ich fliehe wieder ein Stück bergauf.

Zugegebener Weise habe ich mir bei einer anstrengenden Wanderung schon mal vorgestellt, dass mich ein Hubschrauber rettet. Nachdem ich heute aber hautnah miterlebt habe, wie das Rettungsteam abgeseilt wird um einem älteren Mann, dem es wirklich nicht gut ging, zu retten, nehme ich Abstand von dieser Idee. Das war echt nicht lustig.

Ist „Herr der Ringe“ aber auch oft nicht. Trotzdem gibt es am Ende ein Happy End. Das wünsche ich dem älteren Herrn auch. Am Ende hat es also doch irgendwie etwas mit „Herr der Ringe“ und Mordor zu tun.

100 Kilometer Mammutmarsch und warum ich mir das antue!

100 Kilometer Mammutmarsch und warum ich mir das antue!

100 Kilometer sind zu absolvieren. 24 Stunden Zeit hat man dafür.

Rückblick zu gestern: Wir waren mit Ute und Stefan essen (und trinken). Ich habe Ute und Stefan beim ersten Wanderurlaub im Stubaital kennengelernt, denn damals waren sie unsere Vermieter. Seit dem ist es im Grunde eine Tradition geworden, dass wir uns an einem Abend während des Wanderurlaubs treffen und einen netten Abend zusammen verbringen. Sozusagen sind aus Vermietern Freunde geworden.

Ute und Stefan verfolgen unsere Touren immer interessiert und haben die unterschiedlichen konditionellen Voraussetzungen also auch bemerkt. In diesem Zusammenhang fragt mich Stefan, warum ich mir das überhaupt noch antue. Die Frage bleibt im Raum stehen und wird mich bei der heutigen echt langen Tour noch öfter beschäftigen.

Die Tour startet mit einem extremen Aufstieg. Sicherlich der heftigste Aufstieg der bisherigen Tour. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man geht in Serpentinen steil bergauf und dafür einen längeren Weg, oder man geht den direkten Weg, der dann aber noch steiler ist. Zunächst wähle ich die Serpentinen. Da ich aber immer mal wieder „Ich muss Atmen (IMA) Pausen machen muss, komme ich kaum voran. Bei der heute zu absolvierenden Strecke keine gute Option. Also ändere ich meine Taktik und nehme den direkten aber dafür echt krassen noch steileren Weg. Hier brauche ich allerdings nach sehr kurzer Zeit keine „Ich muss Atmen-Pause“ sondern eine „Wo ist das Sauerstoffzelt-Pause.“ Deshalb kehre ich zu der Serpentinen zurück und komme nach einer gefühlten Ewigkeit oben auf der Hütte an.

Die Aussicht hier ist atemberaubend. Weil wir uns heute ja aber viel vorgenommen haben, bleibt wenig Zeit, diese zu genießen.

Dann geht es über anspruchsvolle Wege über Stock und Stein und immer mal wieder durch einen Bach immer ein bisschen bergab. Links begleitet uns für sehr lange Zeit ein herrlicher Weitblick. Landschaftlich ist das hier schon echt traumhaft.

Warum tust Du Dir das überhaupt noch an?

Das war die Frage gestern. Die erste Antwort ist: Wegen dieser traumhaften Landschaft.

Da wir aber noch lange nicht im Ziel sind, muss ich weiter. Immer weiter. Bei so einer krassen Herausforderung wie heute, muss man aber auch Schwein haben.

Und das habe ich. Mindestens in Bezug auf die Gefährten.

Obwohl ich oft die Bremse bin, nimmt mir das niemand krum. Im Gegenteil, Mirco, Gisi und der dessen Name nicht genannt werden darf, helfen mir wo sie können. Nicht nur deshalb haben wir viel Spaß zusammen.

Warum tust Du Dir das überhaupt noch an?

Definitiv auch wegen der Gemeinschaft!

Unser heutiges Projekt ist allerdings noch lange nicht abgeschlossen. Der Weg wird jetzt breiter und einfacher und geht immer noch ein bisschen bergab. Wir nutzen diese besseren Bedingungen um das Tempo zu erhöhen, was auch dringend nötig ist, wenn wir im definierten Zeitrahmen ankommen wollen.

Mein Kadaver schmerzt an verschiedenen Stellen. Berg rauf findet meine Lunge echt nicht gut. Berg runter finden meine Knie nicht gut. Und so könnte ich jetzt noch ein bisschen weiter machen. Ich habe mir aber vorgenommen nicht zu jammern!

So gehen wir immer weiter, bis wir die ersten Häuser entdecken. Das Tal und die Zivilisation kommen näher.

Erschöpft aber glücklich kommen wir nach 17 Kilometern am Ziel an.

Das sind 83 Kilometer weniger als (Kreuzfahrt-)Stefan heute beim Mammut Marsch in 20 Stunden am Stück gelaufen ist. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Stefan für diese unfassbare Leistung! 100 Kilometer sind übrigens mehr als wir hier im Stubaital an drei Tagen gelaufen sind.

Ich bin trotzdem glücklich mit unserer Tour und auch zufrieden mit mir. Das mein Fitnesszustand durchaus Luft nach oben hat, ist mir bekannt. Aber auch so bin ich wieder angekommen.

Wieso tust Du Dir das überhaupt noch an?

Die Antwort ist: Für mich selber!

Damit endet die Reise und die Reiseberichte. Bis zum nächsten Urlaub…