100 Kilometer sind zu absolvieren. 24 Stunden Zeit hat man dafür.
Rückblick zu gestern: Wir waren mit Ute und Stefan essen (und trinken). Ich habe Ute und Stefan beim ersten Wanderurlaub im Stubaital kennengelernt, denn damals waren sie unsere Vermieter. Seit dem ist es im Grunde eine Tradition geworden, dass wir uns an einem Abend während des Wanderurlaubs treffen und einen netten Abend zusammen verbringen. Sozusagen sind aus Vermietern Freunde geworden.
Ute und Stefan verfolgen unsere Touren immer interessiert und haben die unterschiedlichen konditionellen Voraussetzungen also auch bemerkt. In diesem Zusammenhang fragt mich Stefan, warum ich mir das überhaupt noch antue. Die Frage bleibt im Raum stehen und wird mich bei der heutigen echt langen Tour noch öfter beschäftigen.
Die Tour startet mit einem extremen Aufstieg. Sicherlich der heftigste Aufstieg der bisherigen Tour. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man geht in Serpentinen steil bergauf und dafür einen längeren Weg, oder man geht den direkten Weg, der dann aber noch steiler ist. Zunächst wähle ich die Serpentinen. Da ich aber immer mal wieder „Ich muss Atmen (IMA) Pausen machen muss, komme ich kaum voran. Bei der heute zu absolvierenden Strecke keine gute Option. Also ändere ich meine Taktik und nehme den direkten aber dafür echt krassen noch steileren Weg. Hier brauche ich allerdings nach sehr kurzer Zeit keine „Ich muss Atmen-Pause“ sondern eine „Wo ist das Sauerstoffzelt-Pause.“ Deshalb kehre ich zu der Serpentinen zurück und komme nach einer gefühlten Ewigkeit oben auf der Hütte an.
Die Aussicht hier ist atemberaubend. Weil wir uns heute ja aber viel vorgenommen haben, bleibt wenig Zeit, diese zu genießen.
Dann geht es über anspruchsvolle Wege über Stock und Stein und immer mal wieder durch einen Bach immer ein bisschen bergab. Links begleitet uns für sehr lange Zeit ein herrlicher Weitblick. Landschaftlich ist das hier schon echt traumhaft.
Warum tust Du Dir das überhaupt noch an?
Das war die Frage gestern. Die erste Antwort ist: Wegen dieser traumhaften Landschaft.
Da wir aber noch lange nicht im Ziel sind, muss ich weiter. Immer weiter. Bei so einer krassen Herausforderung wie heute, muss man aber auch Schwein haben.
Und das habe ich. Mindestens in Bezug auf die Gefährten.
Obwohl ich oft die Bremse bin, nimmt mir das niemand krum. Im Gegenteil, Mirco, Gisi und der dessen Name nicht genannt werden darf, helfen mir wo sie können. Nicht nur deshalb haben wir viel Spaß zusammen.
Warum tust Du Dir das überhaupt noch an?
Definitiv auch wegen der Gemeinschaft!
Unser heutiges Projekt ist allerdings noch lange nicht abgeschlossen. Der Weg wird jetzt breiter und einfacher und geht immer noch ein bisschen bergab. Wir nutzen diese besseren Bedingungen um das Tempo zu erhöhen, was auch dringend nötig ist, wenn wir im definierten Zeitrahmen ankommen wollen.
Mein Kadaver schmerzt an verschiedenen Stellen. Berg rauf findet meine Lunge echt nicht gut. Berg runter finden meine Knie nicht gut. Und so könnte ich jetzt noch ein bisschen weiter machen. Ich habe mir aber vorgenommen nicht zu jammern!
So gehen wir immer weiter, bis wir die ersten Häuser entdecken. Das Tal und die Zivilisation kommen näher.
Erschöpft aber glücklich kommen wir nach 17 Kilometern am Ziel an.
Das sind 83 Kilometer weniger als (Kreuzfahrt-)Stefan heute beim Mammut Marsch in 20 Stunden am Stück gelaufen ist. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Stefan für diese unfassbare Leistung! 100 Kilometer sind übrigens mehr als wir hier im Stubaital an drei Tagen gelaufen sind.
Ich bin trotzdem glücklich mit unserer Tour und auch zufrieden mit mir. Das mein Fitnesszustand durchaus Luft nach oben hat, ist mir bekannt. Aber auch so bin ich wieder angekommen.
Wieso tust Du Dir das überhaupt noch an?
Die Antwort ist: Für mich selber!
Damit endet die Reise und die Reiseberichte. Bis zum nächsten Urlaub…