Die Rückkehr des Königs (Stubaital 2.0)

Die Rückkehr des Königs (Stubaital 2.0)

Wie im letzten Jahr sind wir zur Wandertour wieder unterwegs. Selbe Teilnehmergruppe. Selbes Ziel, nämlich das Stubaital. Eine genaue Vorstellung kann man dem Reisebericht aus dem letzten Jahr entnehmen. (Vergleiche Wandern im Stubaital 2021).

Diesmal hält die Wettervorhersage nichts gutes für uns bereit. Regen! Sehr viel Regen. Für den heutigen Tag sind 27 Liter pro Quadratmeter vorhergesagt. Das ist echt viel. Aber dazu später mehr.

Beim letzten Mal hat mich die erste Etappe mal direkt richtig aus der Bahn geworfen. Körperlich völlig kaputt und gleichzeitig überwältigt von den Eindrücken. Ich fühlte mich in die Welt von „Herr der Ringe“ und nach „Mordor“ versetzt. (Vergleiche Sulzenauer Hütte oder warum Mordor in Österreich liegt)

Der letzte Film der Herr der Ringe Reihe heißt „die Rückkehr des Königs“ und das sollte auch das Motto der heutigen Etappe werden.

Passt nicht nur wegen der Erinnerung an die Tour aus dem letzten Jahr, sondern auch wegen Mirco. Dem König des Wanderns, dem König des Stubaitals. Er kennt jeden Weg. Er kennt jede Hütte und er kennt jede Abkürzung. Kurzum: Er kennt sich in seinem „Königreich“ halt aus.

Jeder grüßt ihn auch ehrfürchtig und steht am Berg Spalier wenn wir vorbei gehen. Zugegebener Weise lassen wir (wegen mir und meines Tempos) öfter Leute vorbei, als das wir Leute überholen. Aber auch dabei ist mein Eindruck, dass die meisten eine Verbeugung andeuten um ihm zu huldigen, als sie an Mirco vorbei laufen.

Auch die Polizei nickt dem „König“ höflich zu als sie auf dem Hinweg an uns vorbei fährt.

Im Laufe des Weges kommen wir an verschiedenen freilaufenden Schafen und Kühen vorbei. Als uns einige Schafe den Weg blockieren, erhebt der „König“ seine Stimme und augenblicklich geben die Schafe den Weg frei.

Beim ersten echt heftigen Aufstieg muss ich feststellen, dass mein Fitnesszustand faktisch nicht ausreichend ist. Mein Level ist wohl eher mit Homer Simpson zu vergleichen.

Mein Gehirn verbindet das Bild. Bei jedem weiteren Aufstieg (und es gibt noch ein paar) höre ich meinen „inneren Homer Simpson“ schnaufen und prusten. Oder bin ich das etwa selber?

Die Aussicht ist atemberaubend. Die Weitsicht malerisch, die Berggipfel sehr imposant. So wäre es laut Mirco zumindest, wenn kein Nebel wäre. Es ist aber Nebel. Viel Nebel. Unsere Aussicht ist zumindest zu Beginn der Tour gegen Null.

Nach dem nächsten Aufstieg bin ich ziemlich fertig. Während sich der Homer Simpson in mir fragt, wie der Rettungshubschrauber mich bei dem Nebel finden soll, macht der „König“ Liegestütze auf einer Bank. Mir scheint wir sind mit ein bisschen unterschiedlichen Fitness-Leveln unterwegs…

In zweiten Teil der Tour ist die Strecke deutlich weniger anspruchsvoll. Aber auch hier hat der „König“ vorgesorgt. In der Tradition von „Brot und Spiele“ sorgt er für Radler auf einer Hütte (also der moderne Ersatz für Brot) und führt Gisi und mich dann in die Kunst der Holzrad-Spiele ein. Obwohl mein Knie schon ganz ordentlich weh tut (die Verletzung aus dem letzten Jahr ist so wie „Frodo‘s Verletzung von der Wetterspitze“ nie richtig verheilt) haben Gisi und ich viel Freude mit den Spielen, die der „König“ für uns geplant hat.

Man muss feststellen, der „König“ sorgt gut für seine Untertanen. Das seine „Macht“ allerdings auch auf das Wetter Einfluss hat, hätte ich nicht gedacht. Trotz der sehr finsteren Vorhersage bekommen wir während der Tour nicht einen Tropfen Regen ab. Erst als wir wieder im Auto sitzen ergießen sich die Fluten. Wohl dem, der so einen „König“ hat 😉

Warum geht man wandern?

Warum geht man wandern?

Ich war dieses Jahr schon auf dem West Highland Way in Schottland wandern – ohne einen Tropfen Regen ab zu bekommen. Im Grunde nicht möglich.

Dann gestern das nächste Wunder. Trotz einer Vorhersage von 27 Liter pro Quadratmeter werden wir nicht nass.

Ich bin somit – mit Ausnahme von einem kurzen Schauer bei einer Wanderung in Heidelberg mit meinen Eltern und meinem Bruder – beim wandern noch nie durchgehend nass geworden.

Das sollte sich heute ändern. Heute endet nämlich meine „Wenn Jens wandern geht, hält das Wetter“ Glückssträhne.

Es regnet.

Nicht sintflutartig wie vor einigen Wochen hier im Stubaital. Da war es so schlimm, dass auch sogenannte Muren (Geröl- und Schlammlawinen) eine Schneise der Verwüstung hinterlassen haben. Der Weg zum Startpunkt der heutigen Tour führt uns an frischen Abrisskanten und Gerölhaufen vorbei.

Aber auch heute regnet es beständig. Schon beim Aussteigen und Regenjacke anziehen werden wir nass. Es dauert nicht lange bis ich komplett nass bin. Von außen wegen des Regens und von innen wegen der Schweißentwicklung, die der ganz ordentliche Aufstieg als Tribut fordert.

Die Feuchtigkeit innen und außen wird von der Regenjacke, die grundsätzlich Ihren Job macht von einander fern gehalten. Das Ergebnis ist das gleiche. Feuchtigkeit überall. Die Beschreibung was das für bestimmte Körperregionen bedeutet erspare ich uns allen. Nur so viel: Ist nicht schön!

Das führt mich zu der Frage der heutigen Tour: Warum geht man wandern?

Ein Blick in die Geschichte ist nur bedingt hilfreich. Früher musste man weite Strecken über Berge hinweg zurück legen um z.B. Nahrung zu besorgen. Existenzelle Not als Motivation kann man zumindest in Westeuropa heute eher ausschließen.

Warum gehe ich also wandern?

Ich mag Landschaft und Aussicht. Ich mag auch Natur, also grundsätzlich. Bei Wespen ist die Grenze!

Die sportliche Herausforderung finde ich, solange sie in meinen Augen noch überlebbar ist, auch gut.

Das Gemeinsame Erlebnis mit anderen (wie mit unserer Truppe hier, aber z.B. auch mit Sascha und Christian) schätze ich auch und möchte die bisherigen Touren nicht missen!

Wie ich heute festgestellt habe, lässt die motivierende Wirkung dieser Punkte akut nach, wenn es regnet und man überall nass ist.

Die Aussicht ist bei Regen per se nicht so cool. Viele Wolken und Nebel. Weitsicht meistens nicht vorhanden. Dazu kommt noch, dass ich die meiste Zeit auf den Boden gucken muss um den nächsten halbwegs sicheren Schritt auf dem nassen und somit rutschigen Boden zu planen.

Die sportliche Herausforderung verliert auch an Reiz, wenn die Funktionswäsche an Grenzen kommt und die Klamotten einer gesättigten Lösung ähneln.

Bleibt die Gemeinschaft. Mirco und Gisi scheint das „Nass-Wandern“ deutlich weniger auszumachen als mir.

Trotzdem komme ich nach dem Aufstieg und mit Blick auf die Franz-Sennen Hütte zu dem Schluss, dass ich faktisch keine Freude an dieser Form des „Einweichens meines Körpers“ habe.

Ich informiere die Kollegen und mache mich auf den Rückweg. Wohlwissend, dass ich für den Abstieg deutlich länger als die Beiden brauchen werde. Mein Knie mag Abstiege generell nicht. Bei nassen Steinen gilt doppelte Vorsicht. Ist vielleicht auch eine Kopfsache.

Nachdem ich den Abstieg bei weiterhin beständigem Regen hinter mich gebracht habe, sitze ich jetzt in der Hütte in der Nähe des Parkplatzes und warte auf die Jungs, die dem Regen weiterhin trotzen.

Mirco und Gisi beantworten die Frage (Warum geht man wandern?) vermutlich differenzierter als ich. Ich vermute Ihnen geht es auch um das „Wandern an sich.“ Rahmenbedingungen wie Dauer-Regen spielen, wenn man das so sieht, vermutlich eine weniger entscheidende Rolle.

Bei mir ist das anders. Erkenntnis des Tages: Wandern im Dauer-Regen und ich werden keine Freunde. Oder mit einem Zitat (eines nicht genannten Autors) anders gesagt:

Kann man so machen, ist dann aber halt Kacke.

Rituelles Schuhverbrennen, was das mit den Azoren zu tun hat und warum am Ende alles gut wird

Rituelles Schuhverbrennen, was das mit den Azoren zu tun hat und warum am Ende alles gut wird

Auf dem Jakobsweg gehen viele Pilger nach dem Erreichen des grossen Ziels in Santiago de Compostela noch drei Tage weiter bis zu Küste in Finisterre. Dort verbrennen Sie im Rahmen eines Rituals dann Ihre Wanderschuhe.

Auf dem Westhighland Way (insbesondere wenn meine Füße besonders weh taten) fand ich den Gedanken meine Wanderschuhe zu verbrennen manchmal ganz reizvoll.

Gestern hatte ich auch kurz das Bedürfnis eine geeignete Feuerstelle zu suchen um die Schuhe zu verbrennen und damit meine Wanderkarriere offiziell zu beenden.

Ein bisschen Feuer hätte zumindest den Vorteil gehabt, dass die Schuhe heute wieder trocken gewesen wären. Da ich mich aber gegen Feuer jeder Art entschieden hatte, waren die Schuhe heute morgen noch feucht. Na toll.

Trotzdem machen wir uns nach dem Frühstück (um das sich insbesondere Gisi immer kümmert-Vielen Dank dafür) auf zur nächsten Etappe. Das Wetter ist viel besser als gestern. Sonne und einige wenige Wolken.

Der Weg führt uns nach der Seilbahnfahrt leicht bergab über Waldwege zur Autenalm. Also genau mein Wanderstyle. Es ist fast so als ob „das Wandern“ mich für gestern versöhnen und für diese Sportart zurückgewinnen will. Nachdem ich die -jetzt wieder feuchten- Socken gewechselt habe, bin ich bereit diesem „wandern“ noch eine Chance zu geben.

Dann geht es von der Hütte aus bergauf. Steil und lange bergauf. Das muss irgendwas mit diesen Alpen zu tun haben, dass es hier oft bergauf geht.

Der (in Österreich nennen sie es) Weg erinnert mich an meine Wanderung auf den Azoren (vergleiche Blinder Passagier beim Wandern) Wir kämpfen uns durch hüfthohes Gestrüpp. Im Gegensatz zu den Azoren ist das hier aber nicht mit riesigen Schlammlöchern kombiniert. Deshalb ist der Weg zwar anspruchsvoll, aber selbst von mir machbar.

Am Gipfelkreuz angekommen werden wir mit einem malerischen Ausblick belohnt. Diesmal aber in echt! Ist echt schön hier oben. Nachdem Mirco uns noch in das Gipfelbuch einträgt und dabei ein bisschen Werbung für meinen Blog macht (Ein herzliches Willkommen allen, die auf diesem Weg auf den Blog aufmerksam wurden) machen Gisi und ich uns schon mal an den Abstieg. Da der Aufstieg anspruchsvoll war, ist der Abstieg überraschenderweise nicht weniger herausfordernd. Einmal trete ich daneben und lande auf den Knien. Alternativ hätte es noch den Abgrund gegeben. Habe mich mit den Knien also scheinbar richtig entschieden.

Eins meiner Lieblingssprichwörter lautet:

„Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, ist es auch nicht das Ende.“

Dieser Logik folgend, konnte unsere Wandertour mit der gestrigen Etappe nicht enden. So war es dann ja auch nicht. Mit der heutigen wirklich sehr schönen Etappe kann die Tour heute enden. Jetzt geht es noch zu Stefan und Ute (den super netten Vermietern unserer letztjährigen Ferienwohnung) zum Pizza essen. Besser kann es doch eigentlich nicht laufen. Am Ende der Tour ist also alles gut!