Ich war dieses Jahr schon auf dem West Highland Way in Schottland wandern – ohne einen Tropfen Regen ab zu bekommen. Im Grunde nicht möglich.

Dann gestern das nächste Wunder. Trotz einer Vorhersage von 27 Liter pro Quadratmeter werden wir nicht nass.

Ich bin somit – mit Ausnahme von einem kurzen Schauer bei einer Wanderung in Heidelberg mit meinen Eltern und meinem Bruder – beim wandern noch nie durchgehend nass geworden.

Das sollte sich heute ändern. Heute endet nämlich meine „Wenn Jens wandern geht, hält das Wetter“ Glückssträhne.

Es regnet.

Nicht sintflutartig wie vor einigen Wochen hier im Stubaital. Da war es so schlimm, dass auch sogenannte Muren (Geröl- und Schlammlawinen) eine Schneise der Verwüstung hinterlassen haben. Der Weg zum Startpunkt der heutigen Tour führt uns an frischen Abrisskanten und Gerölhaufen vorbei.

Aber auch heute regnet es beständig. Schon beim Aussteigen und Regenjacke anziehen werden wir nass. Es dauert nicht lange bis ich komplett nass bin. Von außen wegen des Regens und von innen wegen der Schweißentwicklung, die der ganz ordentliche Aufstieg als Tribut fordert.

Die Feuchtigkeit innen und außen wird von der Regenjacke, die grundsätzlich Ihren Job macht von einander fern gehalten. Das Ergebnis ist das gleiche. Feuchtigkeit überall. Die Beschreibung was das für bestimmte Körperregionen bedeutet erspare ich uns allen. Nur so viel: Ist nicht schön!

Das führt mich zu der Frage der heutigen Tour: Warum geht man wandern?

Ein Blick in die Geschichte ist nur bedingt hilfreich. Früher musste man weite Strecken über Berge hinweg zurück legen um z.B. Nahrung zu besorgen. Existenzelle Not als Motivation kann man zumindest in Westeuropa heute eher ausschließen.

Warum gehe ich also wandern?

Ich mag Landschaft und Aussicht. Ich mag auch Natur, also grundsätzlich. Bei Wespen ist die Grenze!

Die sportliche Herausforderung finde ich, solange sie in meinen Augen noch überlebbar ist, auch gut.

Das Gemeinsame Erlebnis mit anderen (wie mit unserer Truppe hier, aber z.B. auch mit Sascha und Christian) schätze ich auch und möchte die bisherigen Touren nicht missen!

Wie ich heute festgestellt habe, lässt die motivierende Wirkung dieser Punkte akut nach, wenn es regnet und man überall nass ist.

Die Aussicht ist bei Regen per se nicht so cool. Viele Wolken und Nebel. Weitsicht meistens nicht vorhanden. Dazu kommt noch, dass ich die meiste Zeit auf den Boden gucken muss um den nächsten halbwegs sicheren Schritt auf dem nassen und somit rutschigen Boden zu planen.

Die sportliche Herausforderung verliert auch an Reiz, wenn die Funktionswäsche an Grenzen kommt und die Klamotten einer gesättigten Lösung ähneln.

Bleibt die Gemeinschaft. Mirco und Gisi scheint das „Nass-Wandern“ deutlich weniger auszumachen als mir.

Trotzdem komme ich nach dem Aufstieg und mit Blick auf die Franz-Sennen Hütte zu dem Schluss, dass ich faktisch keine Freude an dieser Form des „Einweichens meines Körpers“ habe.

Ich informiere die Kollegen und mache mich auf den Rückweg. Wohlwissend, dass ich für den Abstieg deutlich länger als die Beiden brauchen werde. Mein Knie mag Abstiege generell nicht. Bei nassen Steinen gilt doppelte Vorsicht. Ist vielleicht auch eine Kopfsache.

Nachdem ich den Abstieg bei weiterhin beständigem Regen hinter mich gebracht habe, sitze ich jetzt in der Hütte in der Nähe des Parkplatzes und warte auf die Jungs, die dem Regen weiterhin trotzen.

Mirco und Gisi beantworten die Frage (Warum geht man wandern?) vermutlich differenzierter als ich. Ich vermute Ihnen geht es auch um das „Wandern an sich.“ Rahmenbedingungen wie Dauer-Regen spielen, wenn man das so sieht, vermutlich eine weniger entscheidende Rolle.

Bei mir ist das anders. Erkenntnis des Tages: Wandern im Dauer-Regen und ich werden keine Freunde. Oder mit einem Zitat (eines nicht genannten Autors) anders gesagt:

Kann man so machen, ist dann aber halt Kacke.