Borkum ist die schönste deutsche Insel! Da gibt es meiner Meinung nach keine Diskussion. Auch wenn jetzt die ganzen Sylt Hooligans aufschreien werden. Es ist halt so. Außerdem bin ich nicht sicher, ob es sich überhaupt um eine Insel handelt, wenn man nicht mit einem Schiff dahin fährt.
Apropos Schiff. Dieses Mal ist das Schiff ganz schön klein! Stimmt. Ist ja auch eine Fähre und kein Kreuzfahrt Tanker.
Warum diese Reise trotzdem in der Kategorie „Kreuzfahrt“ auftaucht? Gute Frage. Für die Antwort muss ich ein bisschen ausholen.
Mein Bruder, meine Schwägerin, mein Neffe, meine Nichte und ich fahren seit 2007 jedes Jahr nach Borkum, da es halt die schönste deutsche Insel ist. Meine Nichte war, wegen Ihrer erst nach 2007 stattgefunden Geburt, zugegebener Weise erst später dabei. In diesem Sommer sind wir, auf Intervention meines Neffen, erstmals nicht nach Borkum gefahren. Er wollte in den Sommerferien auch mal etwas anderes erleben. Nachvollziehbar. Trotzdem ist kein Borkum auch keine Lösung. Also haben wir eine Woche Borkum in den Herbstferien gebucht. Schöne Sache.
War es auch bis gestern Abend. Innerhalb unserer 5er Gruppe gibt es einen Corona Fall. Ich bin es nicht. Trotzdem führt es dazu, dass alle außer mir nicht mitkommen können. Corona ist echt ein Arsch.
Die großzügige Ferienwohnung mit mehreren Schlafzimmern können wir so kurzfristig (Ein Tag vor geplanter Anreise) nicht stornieren. Also nicht fahren und viel Geld für nichts ausgeben oder alleine fahren. Beides eher so semi.
Frustriert berichte ich Stefan von der Entwicklung und frage, ob er nicht zufällig nächste Woche Urlaub hat und Lust hat mit mir eine Woche Borkum zu machen. Ich frage mehr so als Gag. Niemand kann so kurzfristig Urlaub planen.
Niemand außer Stefan!
Er bekommt Urlaub, bespricht das mit seiner Familie und sagt innerhalb von 30 Minuten zu. Ich bin platt. Damit hätte ich definitiv nicht gerechnet. Hier ein Auszug aus unserem WhatsApp Verlauf.
Mit Stefan habe ich schon verschiedene Kreuzfahrten zusammen gemacht. Deshalb und weil ja zumindest ein kleines Schiff beteiligt ist, erfolgt dieser Bericht also in der Kategorie „Kreuzfahrten“.
Das Stefan immer für eine Überraschung gut ist – wusste ich bereits. (Vergleiche eigentlich alle Kreuzfahrt Berichte, bei denen er dabei war) Die Nummer hier hebt das Ganze aber noch mal auf ein anderes Niveau. Man muss einfach festhalten: Stefan ist echt ein krasser Typ.
Einmal im Jahr machen mein Vater, mein Bruder und ich eine Familienwanderung. Wir waren schon an ganz unterschiedlichen Orten und haben dabei schon verschiedene Sachen erlebt (z.B: sind wir fast erfroren oder haben nur knapp einen Wildschwein-Angriff überlebt), die in die „Flüchter Geschichtsbücher“ eingegangen sind und folgerichtig bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten erzählt werden.
Dieses Jahr sollte die Familienwanderung auf Borkum stattfinden. Da mein Bruder wegen Corona ja nicht dabei ist (Hatte ich schon erwähnt, dass Corona echt ein Arsch ist?) nimmt Stefan sozusagen stellvertretend an der Familienwanderung teil.
Wie immer hat mein Vater die Orga der Tour übernommen und hat die Route komplett durchgeplant. Er hat dabei auch das Wetter im Blick (deshalb starten wir erst um 12:00 Uhr – um nicht nass zu werden) und hat sich sogar mit der Windrichtung beschäftigt. Um dem stark wehenden Wind möglichst wenig von vorne ausgesetzt zu sein, gehen wir die Tour anders herum, als ursprünglich geplant. Toll, so einen Wanderführer zu haben!
Während ich Stefan von Borkums toller Natur vorschwärme passiert etwas, dass ich noch nie auf Borkum erlebt habe. Und ich war wirklich schon oft auf Borkum! Während wir an der Wasserkante des Oststrandes entlang laufen entdecken wir einen Seehund. Seehunde sind auf Borkum keine Seltenheit – auf der Seehundbank! So am Strand allerdings ist es schon eine besondere sehr seltene Begegnung. Trotzdem halten wir natürlich einen gebührenden Abstand ein und lassen den Seehund (nachdem wir ein Foto gemacht haben) in Ruhe.
Nach diesem Highlight belohnt uns der weitere Weg mit Borkums Naturschönheiten. Der beginnende Herbst sorgt hierbei für besonders beeindruckende Bilder.
So endet eine tolle „Familienwanderung“ im Café Ostland mit einem Kaltgetränk.
Der Blick aus dem Fenster heute morgen. Der neue Leuchtturm mit blauem Himmel serviert. Viel besser kann ein Tag nicht starten.
Heute ist ein besonderer Tag, Tag der deutschen Einheit. Wie schön ist es doch, dass wir geeint wurden. Ohne die Wiedervereinigung wäre dieser Urlaub gar nicht möglich gewesen. Stefan kommt schließlich aus Deutschlands Osten. Ich aus dem Westen. Das wir zusammen Urlaub machen war vor der Wende undenkbar. Nicht nur deswegen bin ich dankbar für die Wiedervereinbarung.
Auch für die (historisch einmalige) gewaltfreie Revolution der damaligen DDR Bürger. So viel Mut wünsche ich auch anderen (durch Diktaturen unterdrückten) Menschen in anderen Teilen der Welt. Leider ein wieder sehr aktuelles Thema in diesen Zeiten, in denen gar nicht so weit entfernt Krieg herrscht. Wann werden die Mächtigen dieser Welt endlich verstehen, dass durch Krieg einfach gar nichts besser wird?
Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als wir auf dem Weg zum neuen Leuchtturm (den wir heute wegen der vermutlich tollen Sicht besteigen wollen) an einem Stück der Berliner Mauer vorbei kommen. Dieses Stück der Mauer wurde als Mahnmal nach Borkum importiert und am neuen Leuchtturm ausgestellt.
Nach über 300 Stufen sind wir oben auf dem Leuchtturm angekommen. Dort bietet sich uns eine wirklich malerische Aussicht auf Borkum.
Danach machen wir uns auf zur heutigen Wanderung. Diese wird uns an allen drei Leuchttürmen Borkums vorbei führen.
Borkum ist berühmt für seine Leuchttürme. Also Türme, die einem in dunklen Zeiten den Weg weisen. Nicht zu verwechseln mit Wachtürmen, die zu Zeiten der deutschen Teilung zu dunklen Zeiten geführt haben.
Unsere weitere Wanderung führt uns dann durch die bildschöne Natur Borkums, die mich auf andere Gedanken bringt.
Zum Abschluss des Tages hoffen wir jetzt bei leckeren Cocktails noch auf einen tollen Sonnenuntergang. Das wäre dann der perfekte Abschluss für den Tag.
Der Urlaub ist zum Wanderurlaub mutiert. Dritter Urlaubstag – dritte Wanderung. Am Sonntag waren es 11,3 km, gestern 13,4 km. Heute insgesamt 34 km. Zugegebener Weise davon 26 km mit dem ausgeliehenen Fahrrad. Mit eben diesem starten wir heute in Richtung Hafen. Bis dahin sind wir bei der gestrigen Wanderung nicht gekommen. Als guter Borkum Guide für Stefan (für den ja alles neu ist, da er noch nie auf Borkum war) holen wir das „Event Hafen“ heute also zu Beginn mit dem Fahrrad nach. Wenn man mich fragt, ist der Hafen von Borkum nur bedingt spannend. Aber der Kunde ist König. Wenn Stefan den Hafen sehen will – gucken wir uns den Hafen an.
Spannender finde ich da schon die Jugendherberge, die praktischer Weise auch direkt am Hafen liegt. Mit 580 Betten ist die Jugendherberge Borkum tatsächlich die größteJugendherberge Deutschlands. Das ehemalige Kasernengelände ist riesig.
Anschließend fahren wir weiter über den Deich zu unserem heutigen Hauptziel.
Hooge Hörn. Das so bezeichnete Landschaftsschutzgebiet am östlichen Ende von Borkum. Ein Naturschauspiel vom allerfeinsten. Ein Ort wo man mit der Natur allein sein kann. Also, wenn man allein ist. Das ist heute leider nicht der Fall. Wir treffen unzählige andere. Das ist wohl kein Geheimtipp mehr. Trotzdem werden wir für die 8 km lange Wanderung (der Weg zu Hooge Hörn eignet sich aufgrund seiner Beschaffenheit nicht für Fahrräder) mit tollen Aussichten belohnt.
Dann sehen wir etwas, was man leider mittlerweile nur noch sehr selten auf Borkum sieht. Eine Kornweihe. Für die Nicht-Ornithologen übersetzt: Einen wirklich selten gewordenen einheimischen Greifvogel.
Anschließend erfrischen wir uns zum Abschluss der heutigen Tour in der Kult-Strandbude Borkums, dem Dünenbudje.
Nach drei Tagen Aktivurlaub mit viel wandern und Fahrrad fahren habe ich uns heute einen Ruhetag verordnet.
Stefan ist Extrem-Wanderer. Seine neue Bestmarke liegt bei 80 Kilometern an einem Tag. In Worten: Achtzig Kilometer oder 80.000 Meter. Das ist also in etwa die Strecke von Duisburg nach Köln. Zu Fuß. An einem Tag. Unfassbar!
Deshalb hätte Stefan natürlich keine Pause gebraucht. Ich schon. Mein Kadaver meldet an verschiedenen Stellen Gesprächsbedarf an. Da das Wetter heute zusätzlich mindestens in Bezug auf Wind und Kälte (in Bezug auf Regen sind sich die Wetter-Apps noch uneinig) ungemütlicher werden soll, machen wir heute einen Shopping Tag. Als leicht zu verführende Touri-Opfer kaufen wir so einiges. Zusätzlich nehmen wir einige der unzähligen Gastronomieangebote der Insel in Anspruch. Dabei fällt mir bei Stefan eine Besonderheit auf.
Die von Stefan zu ertragene Temperaturamplitude ist eher begrenzt. Tee darf auf keinen Fall zu heiss sein, Cocktails andererseits auf keinen Fall zu kalt und Eis ist per se der Teufel. Als er gestern in einer Cocktailbar einen Gin bestellt hat und dieser (unverschämter Weise) mit Eis serviert wurde, hat er versucht das Eis möglichst unauffällig wieder loszuwerden. Ich finde das mit dem „unauffällig“ ist nur bedingt gelungen.
Während der Shopping-Tour erledigen wir auch die „Kultur-Pflichtaufgabe“ und besuchen eine Kirche. In allen Häfen bei allen Kreuzfahrten, die wir gemeinsam besucht haben, wird in jedem Hafen immer irgendeine Kirche als „besonders, einmalig oder historisch bedeutend“ angepriesen. Deshalb will Stefan auch eigentlich immer dahin. Um das „Kirchen-Hopping“ auf ein ertragbares Maß zu begrenzen, haben wir uns irgendwann mal auf den Grundsatz „Eine Kirche pro Hafen“ geeinigt. So besuchen wir auf Borkum nur eine (und zwar die katholische) von drei möglichen Kirchen. Ist schließlich eine „1 Hafen Kreuzfahrt.“
Nach der Shoppingtour gehen wir zurück zu unserer Ferienwohnung. Dort angekommen verlässt Stefan mit den Worten „Ich muss mal ne Runde Rubbeln“ das Zimmer. Als er wiederkommt wird mir beruhigender Weise klar, dass es um seine Hose und den sich darauf befindlichen Fleck ging.
Eigentlich wollten wir zu fünft nach Borkum (vergleiche „Das Schiff ist dieses Mal ganz schön klein und warum Stefan ein echt krasser Typ ist!“) Dann kam Corona. Dann war ich allein. Dann kam spontan Stefan dazu. Also:
5 plus Corona (C) gleich eins (ich) und in Klammern plus eins (nämlich Stefan).
Nachdem alle wieder gesund und freigetestet sind, sind mein Bruder, meine Schwägerin und meine Nichte heute auch auf Borkum angekommen.
Also 2 (Stefan und ich) minus Corona (C) gleich 5.
Mein Neffe genießt die „Sturmfreie Bude“ und insgeheim hoffe ich, dass er eine geheime Mega Party plant!
Nachdem die Zugereisten angekommen und sich akklimatisiert haben, machen wir uns zur weltberühmten „Borkumer Wasserkantentour“ auf. Das bedeutet, man geht am Nordstrand los und geht und geht bis man die wirklich weite entfernte Wasserkante erreicht. Dort geht man dann immer an eben jener Wasserkante weiter solange die Füße einen tragen. Oder bis man keine Lust mehr hat. Oder bis zum Sturmeck, so wie wir.
Die Tour wollte ich mit Stefan eh noch machen. Schließlich fehlte uns dieses Stück noch, um im Grunde an allen Stränden Borkums gewandert zu sein. Das mein Bruder (als zweiter Mitbegründer der Tour neben meinem Vater) jetzt auch dabei ist, freut mich sehr.
Wind (W) gibt es heute echt viel. Zum Glück weht dieser meistens von hinten, so dass unsere gewählte Kleidung (K) so gerade ausreicht. Also als Formel zum Beispiel so:
W ⋙ K = 🥶
Der Tag endet mit einem borkumwürdigen traumhaften Sonnenuntergang!